Verband der Zoologischen Gärten und Partner stärken erfolgreich Erhaltung

Berlin, 19.10.2023 – Mehr Milch, mehr Fleisch, weniger Fett, das sollten nicht die einzigen Kriterien für die Auswahl von Nutztierrassen von Rind bis Huhn sein. Doch im Augenblick werden bei der Produktion tierischer Nahrungsmittel nur einige wenige Hochleistungsrassen eingesetzt, die schnell mehr Gewinn einbringen. Viele Nutztierrassen drohen daher auszusterben. In Deutschland sind zum Beispiel 56 der 80 einheimischen Großtierrassen stark in ihrem Bestand gefährdet. Daher setzte der Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) gemeinsam mit dem Tierpark Arche Warder e.V. ein vom Bundeslandwirtschaftsministerium gefördertes Projekt um, das die Erhaltung alter Rassen stärken sollte. Das erste „Nutztiersymposium“, ein Treffen der Zoowelt mit den Experten und Verbänden der seltenen Nutztierhaltung, fand im Tierpark Nordhorn statt.

„Langlebig, widerstandsfähig, gute Futterverwertung, das sind nur einige Merkmale, die die alten einheimischen Nutztierrassen auszeichnen. Deshalb ist es sinnvoll, diese Rassen zu erhalten und so unsere biologische Vielfalt zu stärken,“ betont Julia Kögler, stellvertretende VdZ-Geschäftsführerin. „Das VdZ Nutztierrassenprojekt hat gezeigt, dass viele der VdZ Mitgliederzoos dank ihrer Fachkompetenz und Tierbestände eine wichtige Rolle bei der Erhaltung spielen können. Sie machen Rassen mit so klingenden Namen wie Bunte Bentheimer, Skudde oder Hinterwäldler Rind wieder bekannter und wecken so Interesse für das Thema Nutztiere bei den Besuchenden.“

Das Modellprojekt “Optimierung des Beitrages von VdZ Mitgliederzoos zur ex-situ in-vivo Erhaltung bedrohter einheimischer Nutztierrassen” (2020-2023) zeigt, dass Zoos erfolgreich dazu beitragen können, das öffentliche Bewusstsein für die Bedeutung alter Nutztierrassen zu steigern. Die Ergebnisse, darunter Zuchterfolge, Bildungsmaterialien, ein Nutztier-Leitfaden für zoologische Einrichtungen und wissenschaftliche Forschungsstudien belegen, dass Zoos eine Rolle beim Schutz einheimischer Nutztierrassen spielen können und die landwirtschaftliche Biodiversität stärken. Die Förderung des Vorhabens erfolgte aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Projektträgerschaft der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).

Das Projekt wurde in Kooperation mit dem VdZ-Mitglied Arche Warder, dem weltweit größten Zentrum für Nutztierrassen durchgeführt. „Mit dem VdZ-Nutztierrassenprojekt konnten wir viele Meilensteine umsetzen. So haben wir einen anschaulichen Leitfaden produziert, wie wir als Gemeinschaft der wissenschaftlich geleiteten zoologischen Einrichtungen unseren Beitrag zur Erhaltung alter einheimischer Nutztierrassen noch besser durchführen können“, erklärt Prof. Dr. Dr. Kai Frölich, Vorstand und Direktor des Landschaftstierparks Arche Warder e.V.. „Mein Appell an Zoos ist, gehaltene Rassen mit Bedacht auszuwählen und die Tiere in Kooperation mit regionalen Zuchtverbänden für die Erhaltungszucht, Landschaftspflege und ausgewählte Forschungsvorhaben einzusetzen.“

Im Rahmen des Projekts ist auch der VdZ-Nutztierkoffer entstanden, der in Zusammenarbeit mit dem Landschaftstierpark Arche Warder e.V. und dem Verband deutschsprachiger Zoopädagogen (VZP) entwickelt wurde. Mithilfe der innovativem Bildungsmaterialien im Koffer erfahren Zoobesuchende, darunter Kinder, Jugendliche und Erwachsene spielerisch mehr über die Vielfalt heimischer Nutztierrassen, den Unterschied zwischen Wild- und Nutztieren oder dem Zusammenhang zwischen Konsumverhalten und dem eigenen CO2-Fußabdruck. Der VdZ-Nutztierkoffer wird bereits in 50 Zoos eingesetzt. Zusätzlich können alle Interessierten, Pädagoginnen und Pädagogen die Bildungsmaterialien auf der Internetseite des VdZ kostenlos herunterladen und nutzen.

„Gemeinsam können wir das Bewusstsein für die Vielfalt und den Erhalt einheimischer Nutztierrassen stärken“, erklärt Volker Homes, VdZ-Geschäftsführer. „Wir hoffen, dass die VdZ-Lernmaterialien Pädagoginnen und Pädagogen dabei helfen, ihren Schülerinnen und Schülern diese wichtigen Themen auf unterhaltsame und lehrreiche Weise näherzubringen.“

Die Lehrmaterialien des Nutztierkoffers eignen sich für verschiedene Lernkontexte, sowohl im formellen als auch im informellen Rahmen. Anleitungen zu Gruppenarbeiten und Präsentationen ermöglichen es, das erworbene Wissen zu teilen und zu vertiefen. Die Materialien stehen beim Verband der Zoologischen Gärten kostenlos zum Herunterladen bereit unter
https://www.vdz-zoos.org/themen/bildung/vdz-nutztierkoffer

Auch der Tierpark Nordhorn war ein tragender Partner dieses Nutztierrassen-Projektes. So konnten auf dem ersten interdisziplinären Nutztiersymposium zwischen Zoowelt und den Halterverbänden bedrohter Nutztierrassen in Nordhorn wertvolle Kontakte geknüpft und weitere gemeinsame Projekte angedacht werden. Dieser fachliche Austausch soll auch in Zukunft fortgesetzt werden.
Der Tierpark Nordhorn hat aufgrund seines hohen Tierbestandes an seltenen Nutztierrassen eine besondere Stellung in der Zoowelt. In dem von der Gesellschaft zur Erhaltung alter Haustierrassen (GEH) ausgezeichneten „Arche-Park“ leben viele alte und vom Aussterben bedrohte Haus- und Nutztierrassen. Einige von ihnen sind für den Zoo auch in der Landschaftspflege tätig. „Für uns ist die transparente Kommunikation in punkto Nutztierrassen besonders wichtig!“ betont der Nordhorner Zoodirektor Dr. Nils Kramer. „Frei nach dem Motto „Erhalten durch Aufessen oder Nutzen“ gehen die Bentheimer Schweine, Bentheimer Landschafe oder die Gallowayrinder in einem internen Kreislauf in die zooeigene Gastronomie. Ein Geschmackserlebnis für unsere Besucher und ein wertvoller Beitrag zum Erhalt der Nutztierrassen.“

Fotos: Franz Frieling