April 2024 – Wenn der König des Waldes seine Krone verliert.

Der Rothirsch wird oft als „König des Waldes“ bezeichnet. Sicher weil er so groß und stolz aussieht mit seinem Geweih auf dem hoch erhobenen Kopf. Jedes Jahr jedoch verliert er diesen beeindruckenden Kopfschmuck. Das Geweih fällt einfach ab. Und zwar passiert das immer im Frühjahr. Der Hirsch verliert dann sozusagen seine „Krone“.

Bei den Vietnam-Sika Hirschen im Tierpark Nordhorn ist es genauso. Vor ein paar Wochen hat Siegfried, der große männliche Hirsch, seine beiden Geweihstangen abgeworfen. Erst fiel die eine ab, danach die andere. Zurück bleiben auf seinem Kopf dann zwei kleine Erhebungen mit einer glatten Oberfläche. Man könnte meinen, jemand hätte das Geweih abgesägt, so glatt sieht das aus. Diese Erhebungen auf dem Kopf nennt man Rosenstöcke. Aus ihnen wächst nach wenigen Tagen bereits wieder ein neues Geweih heran. Erst wirkt es noch ganz unförmig und beulenartig. Beim genauen Hinsehen kannst du eine samtige Oberfläche mit vielen kleinen Haaren erkennen. Das ist die kurzbehaarte Haut, die man Bast nennt. Sie enthält sehr viele kleine Blutgefäße, die die Nährstoffe für das Wachstum des Geweihs hier hin transportieren. Das Geweih selber, also die Schicht unter dem Bast, besteht aus Knochensubstanz.

In den kommenden Monaten wachsen nun beide Geweihstangen sehr schnell auf dem Kopf des Hirsches in die Höhe. Und fast jedes Jahr kommt eine kleine Verzweigung, man nennt sie Sprossen oder Enden, dazu.  Ganz genau kann man anhand der Enden das Alter eines Hirsches leider nicht bestimmen. Aber je mehr Enden ein Geweih aufweist, desto älter ist der Hirsch.

Unser Vietnam-Sika Hirsch Siegfried ist 2017 im Tierpark Berlin geboren worden. Du kannst im Herbst, wenn sein Geweih wieder voll ausgebildet ist, ja mal nachzählen, wie viele Enden es hat. Bevor allerdings Siegfrieds Geweih im Herbst wieder ganz prächtig ist, kommt eine Phase in der es ziemlich ungepflegt aussieht. Das ist die Zeit, in der der Hirsch fegt. Wenn du jetzt überlegst, wie Siegfried wohl einen Besen festhält, bist du auf dem Holzweg. Gemeint ist, dass er seinen Kopf hin und her schwenkt und dabei sein ausgewachsenes Geweih an Büschen oder Bäumen reibt. Das macht er, um die nun nicht mehr benötigte und abgestorbene Basthaut abzustreifen. Die war nur zur Ernährung während des Wachstums nötig. Nun muss sie runter, damit darunter der harte Knochen sichtbar wird. Zeitweise hängen dann rotbraune Hautfetzen überall am Geweih. Ist aber zu Beginn der Paarungszeit (Brunftzeit) endlich der ganze alte Bast runter, steht Siegfried wieder mit tollem neuen Geweih wie ein König mit einer neuen großen Krone im Gehege. Das beeindruckt nicht nur seine „Frauen“, die Hirschkühe, sondern sicher auch dich als Besucher.

 

Fotos:

1/ Tierparkarchiv: Vietnam-Sika Hirsch Siegfried im Frühjahr direkt nach dem Abwurf seiner beiden Geweihstangen. Auf den Rosenstockenden sieht man die glatte Abwurffläche.

2/ Franz Frieling: über den Sommer schiebt der Hirsch sein neues Geweih. Das bedeutet, das Geweih wächst aus den Rosenstöcken heraus in die Höhe. Die Knochensubstanz wird in dieser Zeit von der samtig-haarigen Basthaut umgeben.

3/ Edith Abuschat: König des Waldes mit beeindruckender Krone – Vietnam-Sika Hirsch mit großem Geweih im Herbst