Grafschafter Nachrichten, 02.09.2019

Wenn es um zoologische Einrichtungen in Europa geht, dann ist die Rangliste von Anthony Sheridan aus Großbritannien so etwas wie der Oscar der Zoowelt. Der Zooexperte reist durch ganz Europa, informiert sich über die Arbeit der Zoos und bewertet diese in seinem Ranking. Sein Weg verschlägt ihn deshalb auch immer wieder in den Tierpark Nordhorn. „Nach sorgfältiger Überlegung habe ich fünf kleinere, erfolgreiche und außerordentlich respektierte deutsche Zoos ausgewählt”, so Sheridan bei seiner ersten Bewertung des Tierpark Nordhorn in einer neuen Gruppe. In dieser Gruppe E, die Zoos zwischen 250.000 und 500.000 Besucher ohne Haltung von Elefanten und anderen Großtieren umfasst, belegt der Tierpark Nordhorn den 1. Platz. Mit seinen vielfältigen Artenschutzaktivitäten, der Arbeit als außerschulischer Lernort und der erfolgreichen Entwicklung konnte Nordhorn besonders punkten. „Der Tierpark Nordhorn war besonders erfolgreich. So konnten die Besucherzahlen gesteigert, neue und verbesserte Gehege geschaffen, eine 2 ha große Erweiterungsfläche gekauft und eine neue Zooschule eröffnet werden” erklärt der Zooexperte.

Neben klassischen Zoofaktoren wie dem Tierbestand bewertet Sheridan vor allem auch die Anstrengungen im Bildungsbereich und im Artenschutz. Sehr wichtig ist für ihn auch die wirtschaftliche Entwicklung, da sich Zoos nur so stetig weiterentwickeln könnten.

Ein Blick in die Arbeit von Sheridan und sein Eindruck vom Familienzoo am Heseper Weg.

Sehen Sie Ihre Rangliste mehr als Hobby oder als Arbeit? Was sollen Sie damit darstellen?

Es ist mein Hobby, angefangen habe ich damit 2008. Mein Ziel war es, einen Vergleich zwischen den größten Zoos in Europa herzustellen. Dafür habe ich verschiedene Kriterien aufgestellt, um die Zoos bewerten zu können. Diese Kriterien habe ich ursprünglich mit den beiden ehemaligen Zoodirektoren in London und in Berlin abgesprochen, zusätzlich auch mit dem damaligen Direktor von EAZA (europäischer Zooverband). Für die Zoos gibt es verschiedene Kategorien, die unter anderem über die Besucherzahlen und besondere Charaktertierarten wie Giraffen, Gorillas oder Elefanten bestimmt werden.

Warum interessieren Sie sich so sehr für Zoos?

Ich verstehe mich als Europäer, durch meine Arbeit bin ich immer viel durch Europa gereist. Ich habe mich immer für Bildung interessiert, auf Reisen verschiedene Parks in Indien, Costa Rica und Afrika besucht. Ich habe immer Interesse an Zoos gehabt und nach meiner Pension habe ich mich dann intensiv der Analyse zoologischer Einrichtungen in Europa gewidmet. Diesem Thema hatte sich bis dahin noch niemand gewidmet, es gibt bis heute noch keine andere Rangliste für Zoos.

Wie viele Zoos haben Sie in Europa schon besucht?

Ungefähr 140 Zoos habe ich bislang besucht. Für meine 850 Zoobesuche war ich in 28 verschiedenen Ländern und auch in Kaliningrad unterwegs. Das ehemalige Königsberg ist ja eine Exklave von Russland, dessen Zoo mittlerweile fast ein Vollmitglied von EAZA ist. Kaliningrad ist eine Ausnahme, ich habe ansonsten noch keine andere zoologische Einrichtung in Russland besucht. Es ist durchaus möglich, dass noch mehr Zoos hinzukommen, wenn sie die entsprechenden Kriterien erfüllen. In den nächsten fünf Jahren ist es ziemlich wahrscheinlich, dass aus den Balkanländern einige Zoos hinzukommen.

Was genau schauen Sie sich in den Zoos an, worauf achten und was bewerten Sie?

Ich habe einen Fragebogen entwickelt mit ungefähr 90 Fragen. Da geht es erstmal um die Grunddaten, wie den Tierbestand und die Besucherzahlen. Interessant für mich ist auch, wie viele Mitarbeiter die jeweilige zoologische Einrichtung hat und wie es mit möglichen Sponsoren aussieht. In die Bewertung fließt zusätzlich zum Beispiel auch ein, inwieweit die zooeigene Gastronomie zum Umsatz und damit auch zum Spielraum für Investitionen beiträgt.

Wie lange dauert ein solcher Besuch?

Mittlerweile sind rund 850 Zoobesuche zusammengekommen. Ich verbringe mindestens einen Tag im jeweiligen Zoo, um den Fragebogen auszufüllen. Wenn es möglich ist, möchte ich den Zoodirektor und andere Mitarbeiter treffen. Jeden Zoo in meiner Liste habe ich persönlich besucht. Anschließend verfasse ich meinen individuellen Besuchsbericht, das mache ich oft am Flughafen oder im Flugzeug.

Wie oft waren sie schon im Tierpark Nordhorn, was gefällt Ihnen dort besonders gut?

Im Tierpark Nordhorn war ich schon dreimal zu Besuch. Insgesamt vermittelt der Zoo eine tolle Stimmung. Die Mitarbeiter sind in allen Bereichen sehr engagiert, auch das Zusammenspiel mit der Tierparkleitung klappt gut. Die Zooschule ist ein großer Pluspunkt, sie hat eine große Bedeutung als außerschulischer Lernort. Die zwei Hektar Erweiterungsfläche bieten jetzt viel Potential und auch die Besucherzahlen steigen stetig an, für die sicherlich die familienfreundliche Atmosphäre ein großer Pluspunkt ist.

Und Ihr nächster Besuch in Nordhorn?

Wahrscheinlich komme ich schon nächstes Jahr wieder, wenn der Tierpark sein 70-jähriges Jubiläum feiert. Nordhorn ist ja eigentlich einer der kleineren Zoos, die ich etwa einmal in drei Jahren besuche. Zuletzt war ich im Sommer 2018 im Tierpark.