Vietnam Sikahirsche kommen bei Besuchern gut an

Kaum drei Monate ist die neue Anlage der Vietnam-Sikahirsche im Tierpark Nordhorn eröffnet und schon avancieren die sieben Bewohner zu neuen Publikumslieblingen. Mit ihrem gefleckten Sommerfell sehen sie nicht nur hübsch aus, sondern lassen sich gerne von den Besuchern füttern und streicheln. Dabei sind sie vor allem auch Artenschutzbotschafter, denn in freier Wildbahn ist diese Hirschart ausgestorben.

„Mit der neuen Tierart haben wir bewusst zwei unserer Hauptanliegen miteinander verbunden!“ so Zoodirektor Dr. Nils Kramer. „Artenschutz und Besuchernähe können wir so ideal verbinden!“ Der Vietnam-Sikahirsch ist in freier Wildbahn durch Lebensraumzerstörung und illegale Jagd ausgerottet. Es gibt ihn nur noch in menschlicher Obhut in drei Nationalparks in Vietnam und in wenigen Zoos in Europa und Nordamerika. Die Zoos in Europa haben ihre Zuchtbemühungen in einem EEP (Europäischen Erhaltungszuchtprogramm) gebündelt und managen ihre Tiere gemeinsam. Nur hierdurch kann ein genetischer Austausch erfolgen und damit ein gesunder Tierbestand erhalten werden.

„Als Zoos haben wir hier eine Arche-Funktion!“ so Kramer weiter. „Ohne die Erhaltungszucht in Menschenhand hätten diese faszinierenden Tiere keine Überlebenschance!“ Das Artensterben hat weltweit eine dramatische Beschleunigung erfahren. Von 105.000 Arten gelten mittlerweile 28.000 als direkt vom Aussterben bedroht. Die IUCN hat in der neusten Version der „Roten Liste“ 7.000 bedrohte Arten hinzugefügt. „Das menschengemachte Artensterben ist neben dem Klimawandel die große Herausforderung der Zukunft!“ so der Tierparkleiter. „Viele heute noch selbstverständliche Tierarten drohen noch zu unseren Lebzeiten zu verschwinden!“

Den Zoos komme hier eine zentrale Bedeutung zu, die in Zukunft noch steigen wird. Der Nordhorner Zoodirektor, der auch Vizepräsident der „Deutschen Tierparkgesellschaft“ ist, bekräftigt deshalb, dass die Zoos diese Aufgabe in Zukunft noch stärker ausfüllen werden. Dank der Fachkenntnisse können wissenschaftlich geführte Zoos einen ganz entscheidenden Anteil an der Bewahrung der Schöpfung leisten. Schon jetzt widmen sich die Zoos sowohl dem sogenannten ex-situArtenschutz, also der Erhaltungszucht in Menschenhand, als auch dem insitu-Schutz, dem Schutz der angestammten Lebensräume der Tiere. Und die Bedeutung der Erhaltungszucht in Menschenhand wird leider noch ansteigen, prophezeit Kramer.

„Weltweit verlieren wir Lebensräume schneller, als sie geschützt und gesichert werden können. Wollen wir dann Tierarten vor der Ausrottung bewahren, bleibt als rettender Baustein nur die Erhaltungszucht in Menschenhand!“ Aus diesen Erhaltungszuchtprogrammen können dann Tiere für Wiederansiedlungsprojekte von den Zoos zur Verfügung gestellt werden. Dies macht natürlich aber erst Sinn, wenn die entsprechenden Lebensräume geschützt und gesichert sind. Und hier bestehe in vielen Landstrichen das größte Problem, da Lebensraumzerstörung, illegale Jagd, Krieg und Vertreibung diese Sicherung oft unmöglich machen. „Wenn man bedenkt, wie groß die gesellschaftliche Diskussion bei Wiederansiedlungsprojekten für relativ kleine Tiere wie dem Luchs oder gar der natürlichen Rückkehr des Wolfes in einem sicheren und demokratischen Land wie Deutschland sind, kann man sich die Herausforderungen in anderen Landstrichen leicht vorstellen!“ so Dr. Nils Kramer.

So ist auch der Vietnam-Sikahirsch eine der Arten, die in der Wildnis längst ausgerottet worden wären, würde der Mensch sich nicht für den Erhalt einsetzen. „Wir hoffen natürlich, dass für den Vietnam-Sikahirsch eines Tages weitere Lebensräume in seiner Heimat gesichert werden könne,“ so Kramer. „Zurzeit ist die Realität aber eine andere.“ Damit die neue Gruppe in Nordhorn einen Beitrag im Erhaltungszuchtprogramm leisten kann, wurde auch der Nordhorner Tierbestand eng mit dem Zuchtbuch abgestimmt. So stammen die drei Hirsche aus Berlin, zwei der Weibchen aus dem Tierpark Görlitz und zwei weitere Weibchen aus dem tschechischen Usti.

Durch die Mischung der Gruppe wurden verschiedene Tiere mit unterschiedlicher Genetik zusammengesetzt, die in den kommenden Jahren hoffentlich auch für Nachwuchs sorgen. Die Tiere haben innerhalb von wenigen Tagen ihre Scheu verloren und lassen sich mittlerweile nicht nur von den Besuchern füttern, sondern fast komplett durchkraulen. Durch diese emotionale Tiernähe hofft der Tierpark, bei den Besuchern einen dauerhaften Eindruck zu hinterlassen und möglichst viele Fans dieser Rasse zu gewinnen. Die ersten Wochen waren dabei ein voller Erfolg: „So unscheinbar dem ein oder anderen diese Hirsche auf den ersten Blick erscheinen, wenn man dann aber die Begeisterung bei den Besuchern mitbekommt, besteht noch Hoffnung!“