Januar 2025 – Zählen, Wiegen, Schätzen – Jährliche Inventur im Tierpark Nordhorn.
Egal ob klein oder groß, zwei, vier, sechs, acht Beine oder mehr – einmal im Jahr müssen alle Tiere ran.
Zählen, messen, wiegen – Zum Jahreswechsel sind auch im Tierpark Nordhorn alle Tiere dran. Die Inventur, ein Vorgang den man aus dem Supermarkt oder anderen Geschäften zum Jahreswechsel kennt, findet auch in einem Zoo statt. Über mehrere Tage wird von den Tierpflegern der gesamte Tierbestand gezählt, zum Teil auch gemessen und gewogen. Gleichzeitig werden die Bestandslisten dabei durch die beiden Kuratoren Dr. Heike Weber und Dr. Dirk Wewers auf Aktualität überprüft. Insgesamt 2766 Tiere in 104 Arten konnten sie am Ende in die Inventurlisten eintragen.
„Bei großen Tieren wie unserem Wappentier, dem Waldbison, ist das Zählen sehr einfach!“, so Dirk Wewers. „Anders sieht das bei Tierarten aus, die in großer Stückzahl vorkommen!“ Bei Schwarmtieren wie den Wellensittichen in einer großen begehbaren Voliere ist es mitunter schwer überhaupt die genaue Anzahl zu ermitteln. Auf Gewichte wird hier selbstverständlich ganz verzichtet. Die Tierpfleger arbeiten in der Voliere mit mehreren zusammen, um auf möglichst genaue Schätzungen zu kommen – mit etwa 600 Wellensittichen bilden die kleinen Papageien auch 2024 die mitgliederstärkste Art im Familienzoo. Dicht gefolgt von den Sungaya-Gespenstschrecken, von denen etwa 500 in den Terrarien leben. Den ersten Platz bei den Säugetieren belegen die Bentheimer Landschafe mit 96 Tieren.
Die gesammelten Daten werden von Kurator Dirk Wewers zusammenfügt und der Direktion und den Behörden gemeldet. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl der Tierarten im Tierpark Nordhorn nicht wesentlich verändert. Die Anzahl an Individuen liegt zwar mehr als 500 über der Zahl von der Inventur im Jahr davor, allerdings ist dies hauptsächlich auf die hohe Anzahl an Insekten, wie den Gespenstschrecken, zurückzuführen. Daher bleibt der Sprachgebrauch des Zoos bei 2.500 Tieren in mehr als 100 Arten.
Aber es gab in 2024 einige Veränderungen im Artenbestand. Als neue Bewohner des Tierparks sind beispielsweise die Rotschnabelkittas und die Holländer-Kaninchen zu nennen. Während die Kittas nach der Abgabe des letzten Kolkraben in deren Voliere einzogen, sind die Holländer-Kaninchen derzeit am Vechtehof zu finden. In ihrer Zeichnung sind sie einzigartig unter den Kaninchenrassen. Die als „Plattenscheckung“ bezeichnete Musterung findet man auch bei anderen Haustieren, wie zum Beispiel Hausmeerschweinchen. Aufgrund dieser markanten Zeichnung ist das Holländer-Kaninchen das „Wappentier“ einiger Kaninchenzüchtervereine, passenderweise auch das des Niederländischen Kaninchenzüchterbundes. In den Familienzoo passt diese Kaninchenrasse natürlich perfekt – stammen doch rund 50 % der Zoobesucher aus den benachbarten Niederlanden. Mit den schwarz-weißen Riesenschecken hat eine andere Kaninchenrasse den Tierpark dauerhaft verlassen. An ihre Stelle treten die Deutschen Riesen, die es in den verschiedensten Farbschlägen gibt und die bereits im Übergang auf der alten Präriehundanlage zu finden sind. Nur vorübergehend leer ist die Anlage der Europäischen Wölfe. Nach dem altersbedingten Tod des letzten Wolfes „Romulus“ im vergangenen Jahr, befindet sich die Anlage derzeit im Umbau. Noch vor Ostern dieses Jahres soll sie mit jungen Europäischen Wölfen wieder eröffnet werden.
Auch einige Besonderheiten gibt es aus dem Tierbestand 2024 zu berichten. „Besonders stolz bin ich auf die erste Nachzucht bei den Habichtskäuzen!“ so Kurator Dirk Wewers. „Das Zuchtpaar, welches im vergangenen Jahr bei uns einzog, ist Teil eines Auswilderungsprojektes. So konnte der Jungvogel der stark bedrohten Habichtskäuze in einem österreichischen Schutzgebiet ausgewildert werden.“ Keine Option war die Auswilderung für Waldrapp „Horst“, der dem Zoo im vergangenen Jahr größere mediale Aufmerksamkeit bescherte. Der österreichische Jungvogel war statt in den warmen Süden gen Norden aufgebrochen und im Januar entkräftet im Wangerland (Ostfriesland) aufgegriffen worden. Nachdem er im Tierpark Nordhorn aufgepäppelt wurde, beschlossen die Experten ihn in die dortige Waldrappgruppe zu integrieren. Da er die Zugroute einmal falsch gelernt hatte, würde der Waldrapp immer wieder im Winter in den Norden aufbrechen.
Ob es nach Ablauf des neuen Jahres bei der Anzahl der Tiere bleibt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zum einen von der Vermehrungsrate einiger Arten, aber auch vom Tausch einzelner Tiere mit anderen wissenschaftlich geführten Zoos in Europa. Besonders bei den Arten, für die es Erhaltungszuchtprogramme im Rahmen des ex-situ-Artenschutzes gibt, entscheiden zum Teil Zuchtbuchführer darüber, ob bestimmte Tiere mit anderen Zoos getauscht werden, um so einen stabilen und gesunden Tierbestand für mögliche Auswilderungsprojekte aufzubauen oder zu erhalten. Neben der Attraktivität für die Besucher, den Haltungsansprüchen, die gewährleistet sein müssen und nicht zu vergessen den Kosten für Gehegebau, Haltung und Fütterung ist natürlich der Gefährdungsstatus ein wichtiger Punkt bei der Auswahl von Tierarten, für die sich der Tierpark Nordhorn entscheidet. „Daher sind wir besonders stolz, mittlerweile insgesamt 13 Tierarten den Besuchern präsentieren zu können, die in einem Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP) des Europäischen Zooverbandes EAZA geführt werden“, erläutert Zoodirektor Dr. Nils Kramer. Dazu gehören unter anderem der Amurleopard, Zweifinger-Faultiere, Totenkopfaffen, Kafue-Litschi-Wasserböcke, Vietnam-Sikahirsche, Azara-Agutis, Marabus, Gänsegeier, Waldrappe, Schneeeulen, Habichtskäuze, Blaulatzsittiche und die Europäischen Sumpfschildkröten. Ein besonderer Schwerpunkt im Tierpark Nordhorn sind die bedrohten Nutztierrassen, wie das Bunte Bentheimer Schwein. Auch hier beteiligt sich der Tierpark aktiv an der Erhaltungszucht und engagiert sich in vielen Zuchtbüchern zum Schutz dieser bedrohten Rassen.
Fotos (Franz Frieling):
Die „Holländer“ sind im Familienzoo sehr häufig anzutreffen. Mehr als 50 % der Besucher stammen aus den benachbarten Niederlanden.
Der Nachwuchs der neuen Holländer-Kaninchen posierte für die Inventur gemeinsam auf der Waage.